Von Daniel Lambach
Seit 2002 sind in Deutschland und Österreich mehrere Studienangebote in der Friedens- und Konfliktforschung (FKF) geschaffen worden. Diese vermitteln Studierenden analytische und praktische Kompetenzen, um sie für friedens- und konfliktrelevante Berufsfelder zu qualifizieren. Wie gut dies gelingt, ist jedoch bislang lediglich in standortbezogenen Evaluationen erforscht worden. Um zu robusteren Ergebnissen über das Feld FKF zu kommen, wurde im Herbst 2017 in einem gemeinsamen Projekt von Wissenschaftler*innen von sieben Universitäten (Duisburg-Essen, Frankfurt a. M./Darmstadt, Hamburg, Innsbruck, Konstanz, Magdeburg und Tübingen) eine gemeinsame Absolvent*innenstudie von Masterstudiengängen aus dem Bereich Friedens- und Konfliktforschung durchgeführt. Der entsprechende Artikel von Patricia Schneider (IFSH) und mir ist gerade in der Zeitschrift für Friedens- und Konfliktforschung erschienen (frei zugänglicher preprint).
An der Befragung nahmen insgesamt 352 Absolvent*innen teil, davon waren 59,7% weiblich, 72,9% haben die deutsche Staatsbürgerschaft. Aus dem Duisburger MA-Studiengang Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik (MA IBEP) beteiligten sich 48 Absolvent*innen, was einer Rücklaufquote von 29,5% entsprach.
Die Befragten arbeiten in einer Reihe unterschiedlicher Branchen, von denen keine deutlich überwiegt, und sind in sehr vielfältigen Tätigkeitsbereichen eingesetzt.
74,5% aller Befragten arbeiten auf Vollzeitstellen (MA IBEP: 72,7%). Allerdings ist der Anteil befristeter Verträge mit 60% relativ hoch (MA IBEP: 60,3%), wobei es hier eine hohe Varianz zwischen verschiedenen Branchen gibt. Angestellte von internationalen Organisationen, wissenschaftlichen Einrichtungen sowie von staatlichen Stellen sind überdurchschnittlich häufig befristet beschäftigt, während die Befristungsquote bei Nichtregierungsorganisationen und in der Privatwirtschaft niedriger ausfällt.
Die Wahrscheinlichkeit einer unbefristeten Beschäftigung steigt, je länger die Absolvent*innen im Berufsleben sind. Relativ wenige Befragte sind derzeit arbeitslos (35 Personen aus der Gesamtstichprobe), wobei dies auch Befragte in Elternzeit, Weiterbildungen und Promotionsphasen umfasst.
Aus unserer Sicht als Koordinator*innen der jeweiligen Studiengänge besonders erfreulich ist die positive Einschätzung der Studiengänge. Zwei Drittel der Absolvent*innen (67,0%, für MA IBEP: 68,2%) schätzen die im Masterstudium erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten für eher oder sehr relevant für ihre derzeitige berufliche Tätigkeit ein.
Bei der Jobsuche waren insbesondere Stellenausschreibungen sowie Hinweise durch Kontakte wertvoll. Wir hatten die Absolvent*innen außerdem gebeten, die Bedeutsamkeit bestimmter Elemente des Studiums für ihre erfolgreiche Stellensuche auf einer Viererskala einzuschätzen. Dabei hoben die Duisburger Absolvent*innen besonders den verpflichtenden Auslandsaufenthalt in seiner Bedeutung für ihren späteren Werdegang hervor. Praktika und ehrenamtliches Engagement bilden offenkundig einen wichtigen Einstiegspunkt in Berufsfelder. Auch die thematische Ausrichtung des Masters, das Thema der Masterarbeit sowie die Abschlussnote wurden von einer nennenswerten Zahl an Respondent*innen als bedeutsam identifiziert. Eine kurze Studiendauer schien dagegen keinen Einfluss auf die spätere Stellensuche zu haben.
Patricia Schneider und ich interpretieren diese Ergebnisse wie folgt:
- Es gibt Hinweise darauf, dass Arbeitslosigkeit ein seltenes Phänomen unter den Befragten ist, das vor allem Absolvent*innen kurz nach dem Abschluss betrifft. Arbeitslosigkeit tritt teils aufgrund selbst gesetzter Präferenzen oder Limitierungen auf, jedoch nicht aufgrund mangelnder Qualifikation. Je länger der Abschluss zurückliegt, desto seltener ist die Arbeitslosigkeit.
- Analog gilt: Je länger der Abschluss zurückliegt, desto größer ist auch der Anteil unbefristeter Tätigkeiten. Generell treffen wir hier auf einen Spiegel des allgemeinen Arbeitsmarktes, z.B. prekäre Verhältnisse, die insbesondere in der Wissenschaft oder Entwicklungszusammenarbeit junge Laufbahnen hart treffen.
- Laut den Befragten war die thematische Ausrichtung des Masters für die Mehrheit hilfreich bei der Stellensuche. Es ist jedoch unklar, ob dies eine spezifische Nachfrage nach FKF-Expertise darstellt. Angesichts der unspezifischen und generalistischen Berufsbilder für Politikwissenschaftler*innen und Soziolog*innen erscheint es jedoch wahrscheinlicher, dass unsere Absolvent*innen mit anderen sozialwissenschaftlichen Absolvent*innen um dieselben Arbeitsstellen konkurrieren. Dies wäre jedoch noch arbeitgeberseitig zu untersuchen.
- Die Absolvent*innen brauchen für ihre spätere Berufspraxis auch relativ fachunspezifische Kompetenzen, wie z.B. Organisationskompetenz und Fähigkeiten im Projektmanagement. Im MA IBEP versuchen wird dies bereits so gut wie möglich anzubieten, um dem praxisorientierten Anspruch des Studiengangs gerecht zu werden.
- Absolvent*innen billigen ihren Studieninhalten auch rückblickend mehrheitlich berufliche Relevanz zu. Es gelingt also gut, Absolvent*innen auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten. Auch hier wären weitere Untersuchungen, z.B. aus Arbeitgeberperspektive, instruktiv.
- Absolvent*innen betonen die Wichtigkeit von Praktika und außeruniversitärem Engagement für ihre erfolgreiche Stellensuche. Der MA IBEP ist in dieser Hinsicht sehr gut aufgestellt. Dies bestätigen auch die regelmäßigen Qualitätskonferenzen mit Studierenden, die diesen Punkt ebenfalls betonen.
Die Ergebnisse zeichnen ein insgesamt positives Bild – die Absolvent*innen arbeiten mehrheitlich in anspruchsvollen, wissensintensiven Berufsfeldern, auf die sie sich durch ihr Masterstudium angemessen vorbereitet fühlen. Unsere Ergebnisse legen nahe, dass es den untersuchten Studiengängen gut gelingt, den Studierenden eine angemessene Mischung an fachspezifischen Fähigkeiten, inhaltlichem Wissen und fachunspezifischen Kompetenzen zu vermitteln. Dennoch sollte die Überprüfung und Weiterentwicklung der Studienangebote auch weiterhin im Fokus der Studienleitungen stehen. Zum anderen sollten die Studierenden darauf vorbereitet werden, dass sie zwar häufig reguläre Arbeitsverträge in Vollzeit erwarten, diese aber oft befristet sind, insbesondere in der Berufseinstiegsphase, und unkonventionelle Beschäftigungsformen oder kurze Phasen der Arbeitslosigkeit nicht ungewöhnlich sind.