von Florian Rabuza
Körperliche Attraktivität von Politikern wird immer häufiger zum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. Insbesondere wird untersucht, ob sich Attraktivität dazu eignet Erfolg bei Wahlen vorherzusagen. Die Ergebnisse sind teilweise verblüffend. Physische Attraktivität kann durchaus erhebliche elektorale Konsequenzen zeitigen.
Der Titel dieses Beitrags mag etwas befremdlich anmuten in einem Blog, das einen seriösen wissenschaftlichen Anspruch erhebt und sich unter keinen Umständen einem Sexismus-Vorwurf aussetzen möchte. Der Autor dieses Beitrags hat ihn aber in einem nicht näher zu benennenden elektoralen Kontext einmal genau so vernommen und war zunächst etwas verblüfft über die Art und Weise, mit der derjenige seine Wahlentscheidung begründete. Bei genauerem Hinhören stecken hinter dieser Äußerung ein individuelles, naja, Kalkül, dessen politikwissenschaftliche Relevanz zumindest beim zweiten Hinhören klarer wird. Und zwar im Kontext der Frage, warum Menschen die Politikerin oder den Politiker wählen, die sie wählen. Spielt das Aussehen hierbei tatsächlich eine Rolle?
In der Debatte um die Personalisierung von Politik spielt das äußere Erscheinungsbild, sprich die Attraktivität, von Politikerinnen und Politikern eine zunehmend große Rolle. Die deutsche politikwissenschaftliche Forschung hat sich relativ früh mit dem Zusammenhang von Attraktivität und politischem Erfolg befasst. Insbesondere Ulrich Rosar und Markus Klein haben hier bemerkenswerte Arbeiten publiziert. Auf Grundlage von umfassenden Ratings von Fotos von Direktkandidatinnen und -kandidaten in deutschen Bundestagswahlkreisen der Wahl 2002 durch Studierende wurde das Erscheinungsbild der Politiker mit rollennahen und rollenfernen Eigenschaften in Beziehung gesetzt. Die Probanden bewerteten also sowohl die Attraktivität der Kandidaten als auch andere Eigenschaften wie Faulheit und Fleiß, Sympathie und Antipathie als Intelligenz auf Grundlage der Fotos. Dies ermöglicht zum einen den Zusammenhang von Attraktivität und Wahlerfolg in anhand realer Daten zu untersuchen, andererseits einen Test der Hypothese, ob Attraktivität durch Prozesse der Stereotypisierung auch auf andere Persönlichkeitseigenschaften abstrahlt. Werden attraktive Politiker also auch automatisch als intelligenter, kompetenter oder sympathischer eingeschätzt als ihre weniger attraktiven Konkurrenten. Es zeigt sich ziemlich deutlich, dass attraktivere Kandidatinnen und Kandidaten auch bei Kontrolle um weitere relevante Faktoren einen signifikanten Wahlvorteil genießen. Maximal 4,2 Prozentpunkte könnte ein maximal attraktiv eingestufter Kandidat zusätzlich an Erstimmen für sich verbuchen. Dies bedeutet, dass in manchen Wahlkreisen unter ansonsten identischen Bedingungen ein attraktiverer Kandidat tatsächlich das Mandat hätte erringen können, das sein weniger attraktiver Parteifreund verpasst hat.
Eines der interessantesten Experimente, die den Zusammenhang zwischen Wahlerfolg und äußerer Erscheinung zum Gegenstand haben, stammt von John Antonakis und Olaf Dalgas von der Universität Lausanne und wurde 2009 in der Zeitschrift Science veröffentlicht. Dabei wurden Kindern Fotos von Politikern vorgelegt. Die Kinder wurden dann gefragt, wen sie lieber als Kapitän ihres Boots für eine computersimulierten Fahrt von Ithaka nach Troja hätten. Dabei wählten Sie in 71% der Fälle den Wahlgewinner als Kapitän aus. Außerdem zeigten sie eine größere Präferenz für Barack Obama im Vergleich zu John McCain.
Aus normativer Perspektive sind die Ergebnisse nicht ganz so erfreulich wäre eine Orientierung an rollenfernen, also unpolitischen, Eigenschaften doch nicht unbedingt eine solide oder rationale Grundlage, auf der die Wählerinnen und Wähler ihre Urteile fällen würden. Wenn man sich allerdings vor Augen hält, dass Attraktivität vor allem in Situationen als Urteilshilfe dient, in denen man keine näheren Informationen über die Kandidatinnen oder Kandidaten hat, relativiert sich das wieder. Bekannte Politiker, die längere Zeit im politischen Alltag eine Rolle spielen werden kaum über die Attraktivität bewertet, sondern viel häufiger auf Grundlage der Betrachtung von rollennahen Eigenschaften beurteilt. Im Zuge von Nebenwahlen, wie der Europawahl oder Kommunalwahlen, wo die Kandidaten oft unbekannter sind als bei Bundestagswahlen, ist es aber denkbar, dass Attraktivität gerade bei Wählern ohne starke Parteineigungen eine entscheidende Rolle spielen kann.
Verwendete Quellen
Antonakis, John / Dalgas, Olaf (2009): Predicting Elections: Child’s Play! In: Science 323, 1183.
Rosar, Ulrich/ Klein, Markus (2005): Physische Attraktivität und Wahlerfolg. Eine empirische Analyse am Beispiel der Wahlkreiskandidaten bei der Bundestagswahl 2002. In: Politische Vierteljahresschrift 46(2), S. 263-287.